Independence Day   

USA 1996 r: Roland Emmerich
mit Jeff Goldblum u.v.a

"Guten Morgen, Dave", das ist in diesem Film irgendwie noch die witzigste Bemerkung überhaupt, eine Anleihe an Stanley Kubricks "2001". Ansonsten ist er eher ein Konglomerat aus "Top Gun", "Alien I-III", "Jurassic Park", "Frankenstein", "Ich heirate eine Familie" und einem Werbespot für den gelben Sack... Und Freddy Krügerīs Nightmare mit diesem Zitat-Klassiker: "Hallo Freunde, ich bin dahaaa!"

Der Deutsche Roland Emmerich zeigt sich als Regisseur dieses Hollywood-Streifens päpstlicher als der Papst, will heißen, er spielt auf der Klaviatur der Melodramatik das alte Pathos-Lied schmerzvoll laut bis zur Kitschgrenze. Wie die "Airforce 1", das Flugzeug des amerikanischen Präsidenten gerade noch mit verbranntem Bürzel der allesverschlingenden Feuerwalze entkommt, das ist schon ein starkes Stück.

Überhaupt, der amerikanische Präsident: ein jugendlich frischer, gütiger, erfahrener, weiser und überlegt impulsiver Mensch - ja, tatsächlich, Mr President ist wirklich ein Mensch, und dazu noch fast so cool wie sein bester Kampfpilot; wie allerdings die gesamte amerikanische Airforce samt Marines darauf kommen mag, ein paar 30-Kilometer-Raumschiffe (durchmessermässig) mit Stinger-Raketen in die Luft jagen zu können...nun ja...irgendwann kommen sie ja dann doch drauf: "Nuklearwaffeneinsatz. Diese Bastarde lassen wir hochgehen!"

Die First Lady stirbt (!) schon vor der eigentlichen Independance Day-Feier an inneren Blutungen, da sie als einzige einen Hubschrauber-Absturz überlebt hat, eingeklemmt unter Trümmern und ihrer makel- und faltenlosen Kleidung. Sonst sieht man kaum Tote, weder so adrett wie sie, noch anders, sind wohl alle verbrannt. Tja, selbst schuld, sie hätten sich ja auch mal in den Seitenraum eines Tunnels retten können und so - trotz ofener Tür - der Feuerwalze entgehen...

An Bedeutungsschwangerschaft ist ebenfalls alles aufgeboten, was irgendwie einen Zusammenhang haben könnte oder sollte: Ausgerechnet ein Agrarflieger, ehemaliger Korea-Kampfpilot, bringt die entscheidende Wende im Kampf gegen die ausserirdischen Wanderheuschrecken, wenn das kein Zufall ist... Und ein als Fernsehtechniker verkleideter Jeff Goldblum findet heraus, daß die Aliens ausgerechnet Erd-eigene Satelliten für ihre Kommunikation benutzen - genauso überzeugend wie der keimfreie Raum in der streng geheimen "Base 51", in dem ein langhaariger, schmuddeliger Chefwissenschaftler ohne Schutzanzug sein stotterndes Unwesen treibt.

Dem Perfektionisten Roland Emmerich ist jedenfalls ein starkes Stück Hollywood gelungen, mit den derzeit wahrscheinlich besten Special Effects, die für Geld zu kriegen sind. Die Maßeinheit "Explosion pro Zeit" muss jedenfalls dringend überarbeitet werden.

Bleibt zu hoffen, daß Jeff Goldblum demnächst auch mal wieder eine andere Rolle spielen darf, wie früher, nicht immer nur den genialen Wissenschaftler und Recyclingfanatiker; seine kleinen melancholischen Charaktere von früher hatten jedenfalls wesentlich mehr Reiz.


© jörg stanzick 1997